"Alles nur aus Zuckersand" von Dirk Kummer, Carlsen, 138 S., 12 Euro (ab 10 J.)
Vor gerade mal 30 Jahren endete die Geschichte der DDR. Nicht lange her, möchte man meinen. Und trotzdem ist diese Ära – besonders für Nachgeborene – weit entfernt und wie ein grauer, antiquierter Dunst. Um das Leben im untergegangenen autoritären Überwachungsstaat trotzdem begreifbar zu machen, eignen sich Jugendbücher, weil sie das komplexe Thema personalisieren und die Sicht junger Helden einnehmen ... wenn sie denn gut erzählen! Dirk Kummer gelingt das.
Fred und Jonas sind beste Freunde schon seit dem Kindergarten. In der Schule sitzen sie nebeneinander, jeden Tag verbringen sie zusammen. Aber nicht mehr lange. Denn Jonas' Mutter hat einen Ausreiseantrag gestellt. Was genau das bedeutet, ist den beiden Zehnjährigen nicht klar. Nur dass sie sich nicht mehr wiedersehen werden. Keine Besuche, keine Telefonate. Von heute auf morgen. In ihrer Ohnmacht beginnen sie einen Tunnel zu graben, tagelang. Bis zuletzt klammern sie sich an die Fiktion, eine geheime Ost-West-Verbindung zu schaffen.
Kummers Roman erklärt nicht, sondern erzählt von Gefühlen. Von Freds Ohnmacht, wenn die Klassenlehrerin Jonas offen benachteiligt. Oder Mitschüler seinen Freund schneiden. Von der Angst seiner Eltern, weil ihr Kind mit einem „Klassenfeind" spielt. Sie fürchten, der Abiturplatz ihrer Tochter geriete dadurch in Gefahr.
Und plötzlich ist Jonas fort. Fred bleibt zurück und das Leben im Sozialismus geht weiter. Dieselben Parolen, dieselben Worthülsen. Aber wenn Freds Vater sagt, die Kontaktsperre zu Jonas sei doch nur zu Freds Schutz, dann weiß jeder, der mit dem Herzen denkt: Das kann nicht stimmen.
Udo Bartsch
Stand: 23.09.2020
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