„Zu Staub", von Jane Harper, Rowohlt Polaris, 409 Seiten, 16 Euro
Dysfunktionale australische Familien ziehen sich durch das literarische Jahr 2019. Alles begann mit dem schmalen, etwas hochgestochenen Erstlingswerk „Ein liebendes, treues Tier" (Liebeskind) von Josephine Rowe, das durch Härte und Stilsicherheit beeindruckte. Auch der auf brillante Weise rotzige junge Ich-Erzähler Tim Wintons neuestem Roman „Die Hütte des Schäfers" (Luchterhand) flieht vor zerrütteten Familienverhältnissen in der australischen Pampa, vor allem einem gewalttätigen Vater – schade, dass der rauen Geschichte seiner Wanderung ins Nirgendwo unterwegs mal für einige Zeit die Puste ausgeht.
Solche Probleme kennt „Zu Staub" von Jane Harper (Rowohlt) nicht. Der Roman ist das dritte Buch der australischen Journalistin und Thrillerautorin, die mit „The Dry" alias „Hitze" ein erstklassiges, preisgekröntes Debüt hinlegte, wogegen ihr zweites Buch „Ins Dunkel" deutlich abfiel. Aber mit „Zu Staub" zementiert Harper nun ihren Anspruch auf den Titel der neuen Thriller-Queen Australiens. Ihre gekonnt erzählte Geschichte ist ein einerseits klassischer, andererseits unklassischer Whodunit, in dem bis zum Schluss gerätselt werden darf, wer der Mörder ist. Beim Opfer handelt es sich um einen von drei Brüdern, die im entlegensten Teil des Landes schier endlose Rinderfarmen bewirtschaften. Wie abgeschieden die Gegend wirklich ist? Wer hier mit dem Geländewagen losfährt, muss immer Überlebensausrüstung und eine Notfallration Wasser und Nahrung im Kofferraum mitnehmen. Isolation und Weite erzeugen in Harpers starkem Roman mächtig Druck auf die Protagonisten und somit die möglichen Täter, von denen so einige präsentiert werden. Umso wichtiger, dass die Auflösung absolut zufriedenstellt.
Christian Endres
Stand: 09.09.2019
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