„Einsame Zeugin", von William Boyle, Polar Verlag, 300 Seiten, 20 Euro
Wer gute Noir- und Hardboiled-Krimis mag, hat das Programm des Polar Verlags vermutlich seit Jahren im Blick. Inzwischen erscheinen die Titel, die viele Facetten und Herkunftsländer abdecken, sogar als schicke Hardcover. Zu den aktuellen Veröffentlichungen gehört „Im Käfig" vom kanadischen Autor Kevin Hardcastle, der davon erzählt, wie der frühere MMA-Käfigkämpfer Daniel alles dafür tut, Frau und Tochter vor seinen kriminellen Verbindungen zu schützen. Am Ende nicht das, was man beim Kampfsportaufhänger erwartet, aber genau deshalb umso besser. Hin und wieder verwundern zwar der sprachliche Rhythmus und die Struktur, die immer mal etwas zu gewollt wirken, doch das Lob von John Irving und die Unterstützung von Donald Ray Pollock hat sich Hardcastle allemal verdient.
Noch besser ist allerdings „Einsame Zeugin" von William Boyle. Wer den Vorgänger „Gravesend" nicht kennt, kann dessen Sequel trotzdem ganz easy für sich lesen. Boyle nimmt alte und neue Leser mit in seine Heimat in Brooklyn, New York. Dort hat Amy Falconetti ihrem Leben als Partygirl abgeschworen und zum Glauben zurückgefunden, hilft in ihrer Gemeinde. Aber wie das in guten Noir-Geschichten eben so ist, findet die Dunkelheit einen Weg zurück in ihren Alltag. Denn Amy wird als Zeugin in einen Mord sowie in diverse Familiendramen verwickelt. Der 1978 geborene Boyle schreibt das großartig unaufgeregt und auf dem Niveau eines Dennis Lehane oder Jason Starr. Die Hipster-Gentrifizierung und der Schatten von Trumps heutigem America sind durchaus präsent, jedoch nie vordergründig. Mit großer Sicherheit in Sachen Stil und Plot führt Boyle durch sein Revier und seine Story. Ganz feiner Noir aus und über Brooklyn.
Christian Endres
Stand: 09.09.2019
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