Sommer der Leichen

„Für eine kurze Zeit waren wir glücklich", von William Kent Krueger, Piper, 415 Seiten, 22 Euro

Seit 1998 begeistert der Amerikaner William Kent Krueger Leser, Kritiker und Kollegen mit seinen Romankrimis um Cork O'Connor, der in Minnesota nicht bloß mit seiner irisch-indianischen Abstammung zu kämpfen hat. Auf Deutsch erschien gerade mal ein Band der Serie. Umso erfreulicher, dass mit „Für eine kurze Zeit waren wir glücklich" eine Übersetzung von Mr. Kruegers Einzelroman „Ordinary Grace" vorliegt. Für dieses Buch erhielt er 2013 immerhin den wichtigen Edgar Allan Poe Award der Mystery Writers of America. Krueger bleibt sogar dem nördlichen US-Bundesstaat Minnesota als Hand-lungsschauplatz treu. Im Sommer 1961 wird die Kleinstadt New Bremen von Leichenfunden und Mord erschüttert. Was das mit dem Ort und den Menschen macht, schildert Krueger aus Sicht des 13-jährigen Pfarrerssohn Frank. Er und sein Bruder Jake sind in viele der Tragödien und selbst in die Mörderjagd verstrickt. Aus ihrer Perspektive behandelt der u. a. von James Lee Burke beeinflusste Krueger Themen wie Familie, Glaube, Verlust, Vorurteile und Rassismus. Der Roman lebt von seiner Kulisse und seinem Erzählton, der nicht umsonst Dennis Lehane entzückte. Sound und Stimmung tragen erheblich zum Leseerlebnis bei. Mehr noch: Kruegers Krimi fühlt sich im Regal neben „Wer die Nachtigall stört..." von Harper Lee, „Die Wälder am Fluss" von Joe R. Lansdale, „Unschuld und Unheil" von Robert McCammon und Stephen Kings „Frühling, Sommer, Herbst und Tod" mit der Vorlage zum Film „Stand By Me" pudelwohl. Wer auch nur eines dieser Werke zu seinen Lieblingsbüchern zählt, wird Kruegers Roman über den Sommer der Leichen in New Bremen lieben.

Christian Endres