„Du wolltest es doch" von Louise O'Neill, aus dem Englischen von Katarina Ganslandt, Carlsen, 366 S., 18 Euro (ab 15 J.)
Emma kleidet sich freizügig. Emma hatte schon immer zahlreiche intime Männerkontakte. Und Emma hat sich am fraglichen Abend mit Drogen weggeschossen. Und dennoch: Nein, all dies gibt selbstverständlich niemandem das Recht, sich an ihr zu vergehen. Auch wenn die vier Täter das tatsächlich glauben. So sicher fühlen sie sich, dass sie sogar Fotos der Gruppenvergewaltigung bei Facebook einstellen.
Woraufhin sich gewiss alle Nachbarn und Bekannte, die Schule und die gesamte irische Kleinstadt mit dem Opfer solidarisieren? Nein, im Gegenteil. Emma wird zur Täterin gemacht. Die jungen Männer kommen aus angesehenen Familien. Dass Emma sie beschuldigt, wird als Buhlen um Aufmerksamkeit bewertet oder als billige Rache einer arroganten Zicke, um anderen die Zukunft zu vermiesen.
Was unglaublich klingt, wird in O'Neills Roman leider glaubhaft vermittelt. Eine Mischung aus Neid, Verachtung und Schadenfreude lässt die Mitschüler Partei gegen Emma ergreifen. Falsches Ehrgefühl verhindert, dass Sportkameraden der Täter als Zeugen bei der Polizei aussagen. Die Bevölkerung des Küstenortes sieht besorgt die rückläufigen Urlauberzahlen, seitdem die Stadt negative Schlagzeilen schreibt. Und verantwortlich ist – natürlich die, die das Problem öffentlich gemacht hat.
„Du wolltest es doch" liest sich wie ein ernüchternder Beitrag zur MeToo-Debatte und beleuchtet die gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Mechanismen in ihrer gesamten Komplexität. Die langsamen Mühlen der Justiz, die psychische Belastung für Emmas Familie und vor allem das ständige Kleinreden und Bagatellisieren einer Gewalttat. Antworten und Lösungen müssen andere finden. Dieses Buch will vor allem wahrhaftig sein und das schließt Beschönigungen aus.
Udo Bartsch
Stand: 10.10.2018
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