„Das Ministerium der Gärten und Teiche", von Didier Decoin, Klett-Cotta, 350 S., 22 Euro
Für seinen Roman „Fenster zur Hölle" wurde der 1945 geborene Franzose Didier Decoin 1977 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet, heute sitzt er selbst in der Jury des Literaturpreises der Académie Goncourt. Darüber hinaus schrieb Decoin Drehbücher zu den Fernsehfilm-Adaptionen von „Der Graf von Monte Christo" und „Les Misérables" mit Gérard Depardieu. An seinem Roman „Das Ministerium der Gärten und Teiche" hat Decoin insgesamt zwölf Jahre gearbeitet. Angesiedelt im japanischen Mittelalter des 12. Jahrhunderts, erzählt er von der jungen Miyuki, deren Mann Katsuro die Teiche des Tempels im kaiserlichen Palast in der Hauptstadt Heian-kyo mit prächtigen Karpfen aus dem Fluss bei ihrem Dorf versorgt. Nach seinem Tod muss Miyuki die beschwerliche Reise mit den Fischen in ihren Reusen machen. Doch obwohl ihr und dem Leser unterwegs durch das Mittelalter im ländlichen Japan melodische Schachtelsätze und viel Schönheit begegnen, säumen auch Gemeinheit und Grausamkeit ihren Weg. Ganz zu schweigen davon, dass das alte Japan von frappierenden Widersprüchlichkeiten in Gesellschaft, Etikette, Religion und Aberglaube geprägt ist. Das wird in der Hauptstadt noch deutlicher, wo Miyuki es mit dem Direktor des Ministeriums der Gärten und Teiche und einem Parfümwettbewerb zu tun bekommt. Aus einem erstklassig recherchierten historischen Japan-Roman mit intensiven sowie ein, zwei schier märchenhaften Momenten wird im letzten Drittel dann ein nur noch bedingt packender Einblick in eine komplexe Scheinwelt, in der Decoin jedoch mehr denn je die auf die Sinnlichkeit der Literatur setzt. Das starke, schuppig-schillernde Covermotiv von Yuji Moriguchi könnte man übrigens als Hinweis darauf verstehen, dass im Bestseller aus Frankreich neben den Karpfen auch ein paar merkwürdige Sexszenen auftauchen.
Christian Endres
Stand: 10.10.2018
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