„Mausmeer" von Tamara Bach, Carlsen, 144 S., 12,99 Euro (ab 15 J.)
„Sei Pippi, sei nicht Annika", ermuntert Ben seine ältere Schwester Annika in Anspielung auf die gleichnamige vorsichtige Freundin der mutigen Pippi Langstrumpf. Da ahnt sie noch nichts von seinem Plan: Er macht sie betrunken und entführt sie ins Haus des verstorbenen Großvaters. Zu jenem Ort, der wie kein anderer mit idyllischen Erinnerungen an die Kindheit verbunden ist.
Was sollen sie hier? Annika ist sauer, Ben verschließt sich. Er hat die Schule geschmissen und weiß nicht, wie er es den Eltern sagen soll. Ja, er weiß nicht einmal, wie er es Annika sagen soll. Und wie es jetzt weitergeht, weiß er auch nicht.
Die kurze und abwechselnd aus zwei Perspektiven geschriebene Geschichte, konzentriert sich zunächst auf die Sicht der Schwester. Ihr Nicht-Verstehen. Ihre Wut auf Ben, der sich – wieder einmal – irrational zu verhalten scheint. Erst als sich der Fokus mehr auf Ben richtet, zeigen die Figuren neue Facetten. Die Rollenbilder innerhalb der Familie werden offenbar: Annika, die Angepasste, Ben, der Rebell. Mit 18 bereits abgestempelt als Tunichtgut, der dauernd Probleme macht.
Es geht um Erwartungen der Eltern und der Gesellschaft an den Werdegang junger Menschen, um Träume, um Wünsche, um Sinn. Tamara Bach arbeitet jedoch nicht mit plakativen Aussagen. Vieles steht nur zwischen den Zeilen, bleibt angedeutet und offen. Das macht den Roman komplex, ebenso die knappe Sprache. Und alles zusammen macht den Roman so gut. Nur wenigen Autoren gelingt es, die Gefühlswelt von Jugendlichen derart authentisch in Worte zu fassen. Selbst wenn die Figuren schweigen.
Udo Bartsch
Stand: 11.07.2018
Für viele die beste Zeit ihres Lebens! Feiert mit Captain Jack und anderen Live-Acts bei der größten 90er/2000er-Party im Frankenland! Am 6.4. in der Kia Metropol Arena in Nürnberg.