2075: Odyssee im Weltraum

„Illuminae. Die Illuminae-Akten_01", von Amie Kaufman und Jay Kristoff, aus dem amerikanischen Englisch von Gerald Jung und Katharina Orgaß, dtv, 600 S., 19,95 Euro (ab 14 J.)

Überlebenschance 22,7 Prozent. Der Bordcomputer des Schlachtkreuzers Alexander erstellt die düstere Prognose mit gewohnter Emotionslosigkeit. Gemeinsam mit zwei anderen Schiffen ist die Alexander auf der Flucht. An Bord: Überlebende des Planeten Karenza IV, der vom Schlachtschiff eines Großkonzerns mit biochemischen Waffen attackiert worden war.
Erzählt wird aus der Sicht zweier Jugendlicher. Hackerin Kady und ihr Freund oder bisweilen auch Ex-Freund Ezra (sein Status wechselt) werden von bloßen Flüchtlingen zu entscheidenden Handlungsträgern der auch literarisch spektakulären Weltraum-Odyssee. Lediglich einige Action-Sequenzen im Finale sind langatmig geraten, ansonsten ist in „Illuminae" nicht nur alles gut, sondern sogar außergewöhnlich gut gelungen.
Das beginnt beim spannenden und durchaus glaubhaften Szenario und Charakteren, die endlich mal nicht die üblichen Klischees bedienen. Es setzt sich fort in der Erzählweise, die einerseits auf schnelle Schnitte und knackige Dialoge setzt. Und die vor allem auf einen klassischen Erzähler verzichtet. Die Handlung entwickelt sich aus einer Vielzahl von Verhörprotokollen, offiziellen und geheimen Dokumenten, Chat-Dialogen und so weiter und ist anfangs wie ein Puzzle, das der Leser zu einem Bild zusammenfügen muss.
„Illuminae" wirft obendrein schwierige moralische Fragen auf. Wenn die rein rationalen Anweisungen der Künstlichen Intelligenz ethischen Empfindungen widersprechen: Wer hat dann Recht? Welche Entscheidungen darf man Computern überlassen? Und soll man Menschenleben opfern, um dem Hauptschiff samt Computer das Entkommen zu erleichtern?

Udo Bartsch