Wintermärchen mit Wolfsmädchen

„Feo und die Wölfe" von Katherine Rundell, aus dem Englischen von Henning Ahlers, Carlsen, 236 S., 14,99 Euro (ab 11 J.)

Winter. Eis. Klirrende Kälte. Manche Bücher sind wie geschaffen für die dunkle Jahreszeit. Katherine Rundell nimmt ihre Leser mit in die russischen Wälder und erzählt so bildreich, dass man meint, den Schnee auf der Haut zu spüren oder ihn unter den Füßen knirschen zu hören. Schön eingekuschelt auf dem Sofa lässt sich ein solch eisiges Abenteuer aber richtig genießen. Wir befinden uns im zaristischen Russland, genauer gesagt, in einer märchenhaften Version davon. Feo und ihre Mutter wildern Wölfe aus. Sich einen Wolf zu halten, ist im Adel nämlich der letzte Schrei – bis das vermeintliche Schoßhündchen eines Tages zubeißt. Dann ist der Schrei noch größer und man will die Bestie loswerden. Die „Wildwolfer" bringen den domestizierten Wölfen bei, in der Wildnis zu überleben. Die besondere Bindung zu diesen Tieren hält ein Leben lang. Deshalb setzen sich die mutige und schlaue Feo und ihre Mutter zur Wehr, als ein brutaler General durchsetzen will, herrenlos gewordene Wölfe einfach zu erschießen.
Es entspinnt sich eine spannende Verfolgungsgeschichte, die über das Märchenhafte hinausgeht, indem sie von Gehorsamspflicht über Kommunismus bis Homosexualität sehr viele Themen anreißt. Tierfreunde werden das innige Verhältnis zwischen Feo und den Wölfen lieben und Feos Widersacher, General Rakow, hassen. Der erweist sich als überraschend fies. Es gibt Opfer. „Feo und die Wölfe" bietet über weiter Strecken mehr Tiefe als vergleichbare Geschichten, um am Ende allerdings den leichtesten aller Wege zu gehen und in ein stereotypes Happyend zu münden.

Udo Bartsch