Kinostart: 19.12.; Regie: Gábor Reisz;
Besetzung: Gáspár Adonyi-Walsh, István Znamenák, András Rusznák, Rebeka Hatházi
Der Schüler Abel rasselt bei der Abi-Prüfung durch. Er war mehr mit seiner neuen Liebe beschäftigt als mit der Vorbereitung. Dem enttäuschten Vater, einem begeisterten Orbán-Anhänger, erklärt er clever, sein linker Lehrer habe ihn durch-fallen lassen wegen einer Ungarn-Anstecknadel am Revers. Die Story zieht mediale Kreise und avanciert zum nationalen Skandal. Die Kamera ist stets mittendrin statt nur dabei. Reiß-Schwenks verleihen den Gesprächen der Akteure eine zusätzliche Dynamik. Fast dokumen-tarisch fallen derweil die Bilder der feiernden Teenager aus. Ob in den Straßen und der U-Bahn. Oder beim kollektiven Erstürmen eines Pools im Villenviertel. Erzählt wird die Polit-Parabel in locker gestalteten Kapiteln, die verspielte Titel tragen wie „Dienstag: Abel in der Wildnis.", „Erika am Donnerstag" oder „Als Gyorgys Dienstag den Bach runtergeht". Die Story trödelt ein bisschen, bis sie in die Gänge kommt. Die Überlänge wirkt gleichfalls eher überflüssig. Ein paar rigorose Schnitte hätten, wie so oft, auch hier für mehr Biss gesorgt. Solche kleineren Macken macht jedoch nicht nur die groteske Story samt innovativer Bildführung wieder wett. Auch schauspielerisch kann die Politsatire punkten mit leinwandpräsentem Ensemble. Allen voran Newcomer Gáspár Adonyi-Walsh als gechillter, bisweilen genervter Teenager - mit verblüffenden Ähnlichkeiten zu „Ennui" aus „Alles steht Kopf 2". Der Aufklärungsfilm in Sachen Fake-News, Skandalisierungsmaschinerie und Populismus entwickelt sich zum Festival-Überflieger mit Arthaus-Potenzial. Ein internationaler Erfolg des ungarischen Kinos, über den Viktor Mihály Orbán kaum amused sein dürfte.
Dieter Oßwald
Stand: 25.11.2024
Bevor der graue Alltag euch wieder einfängt, holt euch noch ne wilde Runde Gankino Circus. Am 16.1. im Dehnberger Hof Theater in Lauf - we love it!