Film
 

Der Film vermittelt ein ‚wäre das nicht toll'-Gefühl

Interview mit „Billy Elliot"-Star Jamie Bell zu „All of Us Strangers"

Seine Karriere begann mit 14, da spielte er die Hauptrolle eines tanzwütigen Teena-gers in „Billy Elliot – I shall dance". Zu den weiteren Filmen von Jamie Bell, 37, gehören so unterschiedliche Titel wie „Dear Wendy" von Thomas Vinterberg, „King Kong" von Peter Jackson oder „Flags of our Fathers" von Clint East-wood. Zudem engagierte ihn Lars von Trier für „Nymphomaniac". Nun spielt der Brite im Arthaus-Drama „All of Us Strangers" von Andrew Haigh einen Vater, der von seinem schwulen Sohn Besuch aus der Zukunft bekommt. Mit dem Schauspieler, der demnächst als Fred Astaire zu sehen sein wird, unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.
Doppelpunkt: Mister Bell, wie kamen Sie zu diesem Projekt?
Bell: Das Material ist gut. Das habe ich beim Lesen des Drehbuchs ziemlich schnell erkannt. Es steckt so viel Gefühl in dieser Geschichte. Sie ist persönlich, sie ist ehrlich, sie ist roh und zärtlich zugleich. Ich mochte die Arbeit von Andrew Haigh schon immer, die große Wahrhaftigkeit bietet er auch in diesem Film.
Doppelpunkt: Ihre Filme bieten eine ungewöhnlich große Bandbreite. Von Popcorn-Kino wie „King Kong" oder „Fantasic Four" bis zu Arthaus à la „Nymphomaniac" oder „Skin". Wie kommt es zu dieser Mischung aus kom-merziell und radikalem Kino?
Bell: Es ist schon ein bisschen wie Flip-per. Ich glaube, ich hatte großes Glück. Nach über 20 Jahren in diesem Geschäft weißt du, welch ein Geschenk so eine Karriere bedeutet, zumal wenn du so jung anfangen hast. Ich durfte mit einigen echten Größen in diesem Geschäft arbei-ten. Und ich lerne ständig dazu. Es gibt ständig neue Wege und Techniken. Das Kino entwickelt sich immer weiter, was ich einfach sehr spannend finde.
Doppelpunkt: Würden Sie gerne, so wie der Held im Film, zurück in der Zeit reisen um Verstorbene zu treffen?
Bell: Es gibt vermutlich kaum jemanden, der so eine Gelegenheit nicht nutzen würden. Ich wäre fasziniert davon, meine Mutter in ihren jungen Jahren kennen zu lernen. Ich würde sie umarmen und ihr sagen, was für einen wunderbaren Job sie macht – was wahrscheinlich leider nicht viele Leute taten. Dieses „wäre das nicht toll"-Gefühl vermittelt dieser Film. Es ist wie in einem Traum.
Doppelpunkt: Wie froh sind Sie, dass Ihr „Billy Elliot" Erfolg zu einer Zeit stattfand als es noch keine sozialen Medien gab?
Bell: Darüber bin ich absolut froh! Es war schon ohne soziale Medien ein ziemlich schwieriger Weg für mich. In diesem jungen Alter weiß man ohnehin noch nicht so genau, wer man eigentlich ist. Wenn dann solch ein großer Erfolg hinzukommt, kann das schon überwältigend sein für einen.
Doppelpunkt: Wann haben Sie „Billy Elliot" zum letzten Mal gesehen?
Bell: Oh mein Gott. Vor etwa 20 Jahren vielleicht.
Doppelpunkt: In „Rocketman" haben Sie den Freund von Elton John gespielt. Demnächst sind Sie als Fred Astaire in „Fred & Ginger" zu erleben. Sind reale Personen schwerer zu spielen?
Bell: Für mich gehört das Recherchieren zu den liebsten Aspekten in diesem Beruf. Es geht darum, etwas über jemanden zu lernen und diesen Entdeckungsprozess finde ich sehr spannend. Für die Rolle von Bernie Taupin in „Rocketman" bin ich nach Santa Barbara gereist und habe lange mit Bernie über Elton und ihr ge-meinsames Leben gesprochen. Diese ganze Detektivarbeit tritt allerdings völlig in den Hintergrund, wenn man diese Figur dann tatsächlich spielt. Da muss dann alles von innen heraus kommen.
Doppelpunkt: Was ist die wichtigste Eigenschaft in Ihrem Beruf?
Bell: Das Wichtigste für mich ist es, nett und respektvoll zu deiner Crew zu sein. Eine derart freundliche Stimmung wie bei „All of Us Strangers" habe ich bislang tatsächlich noch nie erlebt. Jeder hat sich um jeden gekümmert, das passiert nicht immer am Drehort.
Doppelpunkt: Fühlen Sie sich auch wohl, wenn Sie sich auf dem Bildschirm sehen?
Bell: Ich finde es schrecklich, vermutlich ist das ein Zeichen meiner Unreife, über die ich hinwegkommen muss. So schlimm kann es wirklich nicht sein. Aber aus irgendeinem Grund ist es für mich so. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Autoun-fall. Mein Herz rast - und dabei kann ich in diesem Stadium ja ohnehin nichts mehr ändern.
Doppelpunkt: Können Sie jede Figur spielen? Oder hätten Sie bei manchen Rollen Bedenken?
Bell: Eine Rolle benötigt schon etwas, was mich anspricht. Ich habe viele Figuren gespielt, die nicht weiter von meiner Person entfernt sein könnten. Das funkti-oniert jedoch nur, wenn eine Neugier geweckt wird und irgendeine Art von Bindung entsteht.
Doppelpunkt: Was hat Sie an dem kom-menden Projekt „Fred & Ginger" interes-siert?
Bell: Mich interessiert, wie so ein Entste-hungsprozess funktioniert. Wie hat Astaire das geschafft, was er geschafft hat? Wie sah seine Beziehung mit Ginger aus? Wie gelang ihm diese Intimität? Ich hoffe, dass wir bald mit den Dreharbeiten beginnen.
Doppelpunkt: Was sollte das Publikum aus dem Film mitnehmen?
Bell: Wenn eine Chance für die Liebe besteht, sollte man sie wahrnehmen. Ganz egal, wie schwierig es sein könnte, nutzt die Gelegenheit, es lohnt sich!

Dieter Oßwald

Stand: 04.02.2024

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