Film
 

„Gulaschkanone? Das darf ich zitieren?"

Interview mit Christoph Maria Herbst zur Komödie „Ein Fest fürs Leben"

Er ist gelernter Bankkaufmann, doch bald fand Christoph Maria Herbst, 57, die Schauspielerei spannender als das Geld. Mit „Sketchup" und „Ladykracher" begann die Comedy-Karriere, mit der Sitcom „Stromberg" folgte 2004 der Durchbruch. Als Ekelchef räumte er den Grimme-Preis sowie drei Jahre in Folge den Deutschen Comedypreis ab. Zu den Kinofilmen gehören „(T)Raumschiff Surprise", „Wickie auf großer Fahrt", „Männerhort" oder „Er ist wieder da". Nun stiftet er als Hochzeitsplaner vergnügliches Chaos in „Ein Fest fürs Leben", dem Remake des französischen Kinoerfolgs. Mit dem Schauspieler unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Herr Herbst, als dreifacher Besitzer des Deutschen Comedy Preises: Welches ist der dreckigste Witz der Welt?
Herbst: Ich kann weder Witze erzählen, noch sie mir merken. Damit ziehe ich mich jetzt nicht aus der Schlinge, sondern das ist einfach die hässliche Fratze der Wahrheit, mit der ich gleich bei der ersten Antwort leider scheitere.
Doppelpunkt: Jener Witz firmiert als „The Aristrocrats" und wird von US-Comedians gern als Aufwärmübung zelebriert. Die nächste Frage wird einfacher: Nach „Stromberg", „Contra" und „Der Vorname" spielen Sie abermals in einem Remake. Werden Komödien wie manche Gerichte beim Aufwärmen besser? Sind Sie die Gulaschkanone der deutschen Comedy?
Herbst: Gulaschkanone? Das darf ich zitieren? (Lacht) Für mich sind das keine herkömmlichen Remakes, sondern es handelt sich vielmehr um Adaptionen. Solange dadurch das Essen besser schmeckt als vorher, um in der kulinarischen Metaphorik zu bleiben, haben wir nicht alles falsch gemacht. Bislang ist es uns immer gelungen, nicht nur aufzuwärmen, sondern ein schmackhafteres Gericht zuzubereiten. Immerhin haben unsere Adaptionen mehr Publikum in die Kinos gelockt als die so genannten Originale.
Doppelpunkt: Gibt es bisweilen die Angst, die vorgelegte Messlatte des so genannten Originals nicht zu überspringen?
Herbst: Angst ist eigentlich nie Maxime meines Handels. Wenn ich das Drehbuch lese, spricht es mich entweder an und löst etwas bei mir aus. Oder eben auch nicht. Bisher habe ich das große Glück gehabt, dass die Filme nicht schlechter geworden sind als das Drehbuch versprochen hat. Angst hatte ich ehrlicherweise bei „Contra" von Sönke Wortmann, weil meine Figur zuvor von Daniel Auteuil gespielt wurde, einem meiner französischen Lieblingsschauspieler.
Doppelpunkt: Was genau sind diese Auslöser, die ein Drehbuch haben sollte?
Herbst: Im Fall von „Ein Fest fürs Leben" gab es mehrere Auslöser. Zum einen wollte ich endlich einmal wieder mit Richard Huber arbeiten, der zu meinen Lieblingsregisseuren gehört. Zum zweiten die Aussicht, mit diesem wunderbaren Ensemble spielen zu dürfen. Last not least das Buch an sich sowie die Figur von meinem Dieter. Unterbewusst habe ich anscheinend eine Affinität zu solchen Typen, die ein bisschen schief ins Leben gebaut sind. Zu denen gehört dieser Hoch-zeitsplaner ebenfalls
Doppelpunkt: Wie groß ist die Konkurrenz bei einer Komödie um die besten Pointen?
Herbst: Ich kann mich an keine einzige Diva am Set erinnern, das würde ein Regisseur wie Richard Huber auch gar nicht zulassen. Der Dreh war eine Arbeit auf Augenhöhe, sonst würde das gar nicht funktionieren. Wir alle konnten ziemlich frank und frei drauf los spielen und haben uns nicht gegenseitig die Butter vom Brot geholt. In der einen Szene bist du der Wasserträger. In der anderen Situation bist du derjenige, der einlocht. Das ist ein fröhliches Geben und Nehmen.
Doppelpunkt: Wie lustig geht es beim Dreh einer Komödie zu? Wie schwer fällt es, dabei ernst zu bleiben?
Herbst: Dafür hat der liebe Gott das Proben erfunden. Irgendwann hast du so lange geprobt, dass es dir zum Hals heraushängt. Dann hast du eigentlich den richtigen Gesichtsausdruck, um deutsche Komödien zu spielen. (Lacht)
Doppelpunkt: Hat die Ausbildung als Bankkaufmann für die Schauspielerei genutzt?
Herbst: Ich bin ganz froh, dass ich die Kurve damals noch bekommen habe. Denn in keinem Sektor sind so viele Arbeitsplätze verloren gegangen wie im Dienstleistungssektor. Dass ich es mit der oft so genannten brotlosen Kunst der Schauspielerei bis heute geschafft habe, meine Brötchen zu verdienen, freut vor allem meine alten Eltern, die damit nie gerechnet haben. Denen zuliebe hatte ich damals diese Bankausbildung gemacht, getreu dem Motto: Du sollst es einmal besser haben als wir.
Doppelpunkt: Bereuen Sie die Entscheidung rückblickend?
Herbst: Nein, das war ganz gut so mit der Ausbildung. Denn seitdem weiß ich noch viel besser, wohin ich gehöre. Nämlich an genau jenen Platz, an dem ich gerade stehe.
Doppelpunkt: Wie sehr hat sich Komödie verändert? Späße aus „Ladykracher" wären in Zeiten von politischer Korrektheit und Wokeness heute wohl kaum denkbar?
Herbst: Ich denke, diese Art von Komik ist auch heute möglich. Man braucht eben mutige Produzenten und Redakteure. Mit der Tendenz zu gendern und woke zu sein, lässt es sich ja auch wunderbar spielen in einer Komödie. Ansonsten hat sich nach meiner Beobachtung nicht so wahnsinnig viel verändert, sonst wäre „Manta, Manta Teil 2" nicht denkbar gewesen.
Doppelpunkt: Wie steht es um die Komödie in Zeiten von Künstlicher Intelligenz?
Herbst: Ich glaube, es wird immer ein Unterschied vorhanden sein, und sei es nur durch die Persönlichkeit des jeweiligen Autors oder Schauspielers. Geist und Charisma lassen sich künstlich nicht herstellen, da können noch so viele Software-Programme geschrieben werden. Persönlich habe ich aktuell keine Angst, dass es Christoph Maria Herbst von künstlicher Intelligenz gemacht geben wird. Man muss einfach dafür sorgen, dass man so einzigartig bleibt, dass sich ein Computer daran die Zähne ausbeißt.
Doppelpunkt: Sie stammen aus Wuppertal. Waren Sie damals bei der Tanz-Ikone Pina Bausch?
Herbst: Ich war ständig bei Pina Bausch. An Pina kam man ja gar nicht vorbei, das wollte man auch nicht. Es gibt kein einziges ihrer Stücke, das ich nicht gesehen hätte. Wobei sie selbst nur selten anzutreffen war, weil sie ständig unterwegs auf Tourneen gewesen ist. Wuppertal ist zunächst auch recht stiefmütterlich mit ihr umgegangen, bis man irgendwann gemerkt hat, welchen Schatz man mit ihr hat.
Dieter Oßwald

Stand: 26.09.2023

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