Kinostart: 20.10.2022; Regie: Uli Decker
mit Helmut, Monika, Cordula und Ulrike Decker
Manche Dinge schleppt man ewig mit sich herum, ohne sie jemals verarbeitet zu haben. Die Dokumentarfilmerin Uli Decker hat viele Jahre gebraucht um sich an ihr „Ding" heranzuwagen: das Geheimnis ihres schon lange verstorbenen Vaters. Helmut Decker, Jahrgang 1936, beginnt schon als Kind, sich klammheimlich zu „transvestieren": Er zieht regelmäßig Frauenkleider an, immer mit der Angst, „erwischt" zu werden. Die Folge: riesige Schuldgefühle, verstärkt durch die streng katholische Erziehung. Und diese Schuldgefühle und die damit einhergehenden Depressionen strahlen natürlich auch auf seine Familie ab, auf die Ehefrau Monika und die Töchter Ulrike und die jüngere Cordula. Und besonders Ulrike leidet schwer unter der abweisenden, in sich gekehrten Art des Vaters, ist sie doch schon als Mädchen auf der – auch geschlechtsspezifischen – Suche nach einer Identität jenseits von dem, was in einem konservativen, von Traditionen geprägten Umfeld wie im oberbayerischen Murnau erwartet wird.
Mangels bewegter Archivbilder entschied sich Decker zu einer Montage von Interviewsequenzen, assoziativen Bilderfolgen und bewusst simpel gehaltenen Animationen. Dazu: lange Auszüge aus des Vaters Tagebuch, aus denen sich das Bild eines hoch sensiblen, klugen Mannes formt, der sich durchaus darüber im Klaren ist, welch fatale Folgen sein Geheimnis für die Familie hat. Schließlich öffnet sich Helmut eines Tages seiner Frau und erklärt ihr, ihm gehe es darum, „im Transzendieren der männlichen Rolle meiner Seele Freiheit zu verschaffen".
Ein mutiger, in der Umsetzung einfallsreicher und verspielter Dokumentarfilm, der viel Allgemeingültiges über Geschlechterrollen, Selbstfindung, Familienzusammenhalt, Toleranz und Liebe erzählt. Uli Decker sagt. „Wichtig war mir vor allem, die Zuschauer auf eine innere Reise mitzunehmen, die enge Kategorien sprengt und den Blick öffnet für tiefe menschliche Erfahrungen und den weiten Sehnsuchtshorizont." Das ist ihr eindrucksvoll gelungen.
Martin Schwarz
Stand: 27.09.2022
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