Haute Couture - Die Schönheit der Geste

Filmstart: 7.4.
Regie Sylvie Ohayon;
Darsteller: Nathalie Baye, Lyna Khoudri, Pascale Arbillot

Es war einmal die junge Jade, die arm und planlos durch das Leben ging. Mit ihrer besten Freundin hing sie gerne ab oder beklaute aus Langeweile ältere Damen in der Metro. Eines Tages stahl sie die Handtasche von Esther, einer verbitterten Direktrice beim berühmten Modehaus Dior. Aus schlechtem Gewissen bringt sie die Tasche zurück - und bekommt zum Dank einen Praktikumsplatz in der schicken Edel-Schneiderei. Zwar gibt es zunächst allerlei Missverständnisse, Streiterei und gekränkte Eitelkeiten. Aber allmählich werden die ungleichen Frauen natürlich ziemlich beste Freundinnen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann nähen sie noch heute. Und das Mode-Aschenputtel kümmert sich rührend um seine kranke Frau Mama. Aus sentimentalen Stoffen wie diesen werden gemeinhin Seifenopern geschneidert. Eindimensionale Figuren. Vorhersehbare Handlung. Konflikte in kleinen Karos. Dialoge wie Kalendersprüche. Immerhin kann das Märchen vom Aufstieg eines armen Straßenmädchens durch hübsche Bilder punkten. Wirklich sehenswert wird das Stück jedoch erst durch die grandiose Hauptdarstellerin Nathalie Baye. Ihr gelingt mit charismatischer Souveränität der Balanceakt zwischen verbitterter Zicke und mitfühlender Wohltäterin. Nicht umsonst wurde die enorm leinwandpräsente Madame bereits zehnfach für den César nominiert, wobei sie viermal diesen französischen Oscar bekam. An ihrer Seite läuft auch die junge Lyna Khoudri als coole Rebellin zu Hochform auf, die zuletzt in Wes Andersons „The French Dispatch" zu sehen war. Diesem Duo hätte man einen Stoff à la „Ziemlich beste Freundinnen" gewünscht. Das maue Mode-Märchen indes ist kaum mehr als ein Schmachtfetzen von der Stange.

Dieter Oßwald