Filmstart: 7.10., Regie: Stefan Ruzowitzky
Darsteller: Murathan Muslu, Liv Lisa Fries, Maximilian von der Groeben, Marc Limpach u.a.
Seit seinem Regiedebüt „Tempo" 1996 ist der knapp 60-jährige Wiener Stefan Ruzowitzky immer für Überraschungen gut, inhaltlich und formal. Seine filmische Palette reicht vom anarchistischen Heimatdrama „Die Siebtelbauern" über den Horrorfilm „Anatomie" und den Oscar-Gewinner „Die Fälscher" bis zum umstrittenen Dokumentarfilm „Das radikal Böse" und der Endzeitserie „8 Tage". Und sein Inszenierungsstil reicht von grobkörnig („Die Fälscher") bis glatt („Anatomie") und farbenprächtig („Narziss und Goldmund"). Nun hat sich Ruzowitzky mit seinem neuen Film „Hinterland" von den Bildern her ganz weit aus dem Fenster gelehnt – und er triumphiert: Seine in Wien 1920 angesiedelte Geschichte sieht sensationell aus.
Nach zwei Jahren russischer Kriegsgefangenschaft kehrt der Offizier Peter Perg (adäquat stoisch: Murathan Muslu) zusammen mit einigen Kameraden in seine völlig veränderte Heimatstadt zurück – der Kaiser hat abgedankt, die Republik ist ausgerufen, all die Grauen des Krieges waren umsonst. Pergs Ehefrau hat sich mit der Tochter aufs Land zurückgezogen, er zögert, sie zu besuchen. Er wird als ehemaliger Kriminaler in eine Mordserie verwickelt, vom jungen Inspektor Paul Severin (Max von der Groeben brillierte zuletzt in „Auerhaus") als Verdächtiger abgestempelt und von seinem früheren Kumpel, dem jetzigen Polizeirat Victor Renner (Marc Limpach), in den Dienst zurückgeholt. Behilflich ist ihm die junge Gerichtsmedizinerin Dr. Theresa Körner (Liv Lisa Fries aus „Babylon Berlin"). Und Perg muss erkennen, dass die bestialischen Morde in direktem Zusammenhang mit seiner Kriegsgefangenschaft stehen.
Was „Hinterland" nun deutlich von jedem historischen Kriminalfilm abhebt, ist sein Look. Mittels der Blue-Screen-Technik, bei der der Hintergrund einer Szene am Computer kreiert wird, hat Ruzowitzky Bilder mit stark expressionistischenm Look geschaffen, die Szenerie mit den schrägen Häusern, den zugespitzten Perspektiven und den ungewöhnlichen Kamerawinkel lässt diverse visuelle Parallelen aufblitzen, mal ist man an „Das Cabinet des Dr. Caligari" erinnert, mal an „Sin City" oder die Bilder von Ernst Ludwig Kirchner. Doch das alles wirkt kaum artifiziell und geschieht nicht zum Selbstzweck, sondern spiegelt ganz wunderbar die innere Zerrissenheit der Hauptfigur. So ganz nebenbei ist „Hinterland" auch ein zutiefst pazifistischer Film. Und bei dem hat Matthias Schweighöfer am Schluss einen kleinen Auftritt.
Martin Schwarz
Stand: 03.10.2021
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