Als wir tanzten

Filmstart: 9.4.
Regie: Levan Akin
Darsteller: Levan Gelbakhiani, Bachi Valishvili, Ana Javakishvilii

Gay-Kino aus Georgien? Das kann als kleine Sensation gelten! Für Liberalität ist der Kaukasus kaum bekannt. Umso überraschender, dass Schauspieler Levan Gelbakhiani von offizieller Stelle zum „European Shooting Star" vorgeschlagen wurde. Der 23-jährige Tänzer aus Tiflis gibt in seinem Kinodebüt den Ballett-Studenten Merab, der von der großen Karriere träumt. Im Ballettsaal herrscht ein rauer Ton. „Im georgischen Tanz gibt es keine Sexualität. Das ist kein Lambada." brüllt der Ausbilder. Als mit dem muskulösen Irakli ein Neuer in die Klasse kommt, erwächst für den schmächtigen Merab ein ernsthafter Konkurrent. Der Rivale löst freilich auch Begehren aus. Merab ist ziemlich schnell ziemlich schwer verknallt. Im homophoben Umfeld der Schule sind Flirt-Versuche freilich ein heikles Unternehmen. Aller Widrigkeiten zum Trotz, gelingt die Boy-meets-Boy Begegnung der beiden Romeos. Kaum jedoch wird die Sache publik, kommt es zu aggressiven Übergriffen des Pöbels. Nicht selten erinnert die gelungene Coming-of-Age-Geschichte an „Call Me By Your Name". Wie US-Star Timothée Chalamet überzeugt Newcomer Levan Gelbakhiani durch charismatische Leinwandpräsenz und große Sensibilität. Der schwedische Regisseurs Levan Akin hat georgische Wurzeln und kennt die Lage im Land. Präzise porträtiert er mit wenigen Pinsel-strichen die sozialen Verhältnisse samt der rückschrittlichen Denkweise. Die latent glimmende Homophobie lodert beim geringsten Anlass zur kollektiven Hexenjagd. Das hat das Filmteam am eigenen Leib erfahren. Die Premiere in Tiflis wurde von Hetzern mit gewaltsamen Protesten massiv gestört. Nicht nur wegen solchen Reaktionen zählt das mutige Drama zu den wichtigsten queeren Filmen des Jahres - ganz abgesehen vom politischen Stellenwert funktioniert diese smart erzählte Lovestory auch exzellent als mitreißendes Tanzdrama.

Dieter Oßwald