Scala Adieu - Von Windeln verweht

Filmstart: 21.3.
Regie: Douglas Wolfsperger

„Wim Wenders statt Pampers" – so prangt es auf einem handgemachten Protestplakat eines besorgten Bürgers der südwestdeutschen Stadt Konstanz (85.000 Einwohner), der gegen die Schließung des örtlichen Arthouse-Kinos Scala in der Innenstadt protestiert; das alte Kino mit seinen drei Sälen soll einer weiteren Filiale einer großen Drogeriemarkt-Kette weichen, damit die aus der Schweiz herüberschwappenden Schnäppchenkäufer auch weiterhin bestens versorgt sind. Seit über zwei Jahren ist das Kino nun bereits Geschichte.
Der renommierte Dokumentarfilmer Douglas Wolfsperger („Der entsorgte Vater"), der sich in dem Film „Bellaria – so lange wir leben!" schon einmal eines altehrwürdigen Lichtspiel-Theaters (allerdings in Wien) angenommen hat, ist selbst in Konstanz aufgewachsen und nimmt die Schließung des Scala-Kinos nun zum Anlass, höchst parteiisch Stellung zu beziehen: gegen die Politik des schnöden Mammons, gegen die überall grassierende Verödung der Innenstädte durch Ansiedlung der ewig gleichen Konsum-Ketten, für den Erhalt von Kinos mit Anspruch auch und gerade mitten in der Stadt – und nicht draußen im Industriegebiet. Er lässt den Bürgermeister von Konstanz oder ein Mitglied es Gemeinderats ebenso zu Wort kommen wie diverse Aktivisten, er beobachtet Demonstrationszüge und kombiniert alles mit schönen Aufnahmen der im Grunde so idyllischen Stadt.
Und Douglas Wolfsperger, Jahrgang 1957, stellt die durchaus berechtigte Frage, ob bestimmte Kleinode der Kinematografie nicht auch eine stärkere öffentliche Förderung erhalten sollten, denn damit sind die Programmkinos in Deutschland trotz zig Millionen Filmförderung für Produktion und Verleih nicht gerade reich gesegnet. So zeigt „Scala Adieu" ein Paradebeispiel für fragwürdige (Kommunal-)Politik und für den Sieg des Kapitalismus über die Kultur.

Martin Schwarz