Film
 

„Filme machen gefällt mir absolut nicht.“: Interview mit Rowan Atkinson

Rowan Atkinson

Interview mit Rowan Atkinson zu „Johnny English 3 - Man lebt nur dreimal"
Filmstart: 18.10.

Der Mann ist Kult-Komödiant, sein Mr. Bean gilt als der größte Exportschlager des britischen Humors seit Monty Python. Seine TV-Shows flimmern global in Endlosschleife, seine Kinoausflüge brachten dreistellige Millionenbeträge ein. Danach legte Rowan Atkinson, 63, den trotteligen Teddy-Liebhaber auf Eis und erfand eine neue Figur: Johnny English hieß die Lachkanone, eine Tollpatsch-Version von James Bond. Auch diese Komödie fand viel Publikum, jeweils 160 Millionen Dollar spielte jeder der beiden Teile weltweit ein. Nun folgt also der dritte Streich. Diesmal schlägt sich der Geheimagent mit den Tücken der digitalen Welt herum. Mit Rowan Atkinson, der einst mit Tony Blair die Schulbank drückte, traf sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald


Doppelpunkt: Mister Atkinson, Ihre Helden Johnny English und Mr. Bean sind denkbar unsympathische Einfaltspinsel. Weshalb sind solche Figuren dennoch derart populär?
Atkinson: Stimmt, auch ich finde keinen der beiden besonders nett. Aber ihre Selbstsucht wirkt eben unglaublich komisch. Bei ihnen kreist alles ständig nur um ihre Egozentrik. Sie kämen nie auf die Idee, die Meinung oder Ansichten von anderen Menschen anzuhören. Mr. Bean ist schon ausgesprochen ichbezogener Typ - aber Johnny English steht ihm darin kaum nach. Es gibt im Film diese sehr bezeichnende Szene, als sein Assistent erzählt, er hätte geheiratet. Das interessiert Johnny in keinster Weise, was er auch sehr deutlich macht. Ihn interessiert allein, ein Leben wie James Bond zu führen. Früher war mir das gar nicht so bewusst, aber mit dieser Szene wird klar: Johnny ist kein sehr netter Mensch.
Doppelpunkt: Mit Olga Kurylenko spielt ein echtes Ex-Bond-Girl an Ihrer Seite. Sie traten einst selbst in „Sag niemals nie" auf. Haben Sie beim Dreh alte 007 Erinnerungen ausgetauscht?
Atkinson: Nein, wir haben uns nie über James Bond unterhalten. Ich wusste offen gestanden auch gar nicht besonders viel über die Filme von Olga. Spielte sie nicht in „Ein Quantum Trost" mit? Den habe ich gar nicht gesehen! (Lacht). Es geht mir da wie vielen anderen Leute: Das ist der einzige Bond-Film, den ich nicht kenne - er soll ja auch nicht besonders gut sein.
Doppelpunkt: An der Seite von Egozentrikern zu spielen, kann keine besonders dankbare Aufgabe sein?
Atkinson: Für Schauspieler ist es ein Graus mit Johnny English oder Mr. Bean aufzutreten. Denn Schauspieler müssen sich ihrem Gegenüber anpassen, was mit diesen selbstsüchtigen Figuren nur schwierig möglich Olga macht ihre Sache sehr gut. Noch mehr gefordert ist Ben Miller, der den Assistenten Bough verkörpert. Er muss mit diesem Egozentriker schließlich zusammenarbeiten.
Doppelpunkt: Haben Sie als Kind davon geträumt, einmal James Bond zu sein?
Atkinson: Ich kann mich nicht genau erinnern, aber ich vermute schon. Einmal James Bond zu sein ist immerhin ein sehr weit verbreitetes Syndrom. In den 60er Jahren gab es den Spruch: ‚Jeder Mann möchte James Bond sein. Und jede Frau möchte ins Bett mit ihm.' Bond besaß einfach diese universelle Anziehungskraft. Für Johnny English ergibt sich das Problem, dass er gerne Bond wäre. Aber offenkundig überhaupt nicht qualifiziert dafür ist. Bizarrerweise geht er dennoch als Sieger hervor - doch bis dahin, können wir uns an all seinen Niederlagen erfreuen.
Doppelpunkt: Wie sein Vorbild verfügt auch Johnny English über technische Spielereien. Wie viel Spaß macht die Verwendung solcher Wunderwaffen?
Atkinson: Das macht ziemlich Spaß. Für mich ist es die Ausnahme, weil ich Dreharbeiten eigentlich sonst immer hasse. Filme machen gefällt mir absolut nicht, es bedeutet sehr viel Stress und bietet keinerlei Vergnügen.
Doppelpunkt: Das sind nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für den Job. Warum machen Sie dann Filme?
Atkinson: Mir gefällt die Entwicklung der Ideen und Drehbücher. Und ich genieße es, im Schneideraum mit dabei zu sein. Mich stört einfach nur das Stück dazwischen, eben diese lästigen Dreharbeiten.
Doppelpunkt: Und das Stück danach? Die 160 Millionen Dollar Einnahmen, die jeder der beiden Teile einspielte?
Atkinson: Klar, ich genieße Filme, die erfolgreich sind. Und mir gefällt es, wenn eine Figur derart populär wird. Das heißt jedoch nicht, dass ich diese Figur gerne spiele. Und ebenso wenig, dass ich gerne Filme drehe. In diesem Fall gefiel mir die Grundidee sehr gut: Der Kampf von digital gegen analog. Auf dieser Basis lassen sich gute Ideen für einen Film entwickeln.
Doppelpunkt: Wie gut bewegen Sie sich in der digitalen Welt?
Atkinson: Ich bin ganz okay damit. Im Unterschied zu Johnny English habe ich ein Smartphone, ein Tablett und einen Computer. Soziale Medien nutze ich jedoch überhaupt nicht, weil ich ein einfacheres Leben führen möchte. Wir stehen doch alle vor diesem Dilemma: Da gibt es diese enormen technologischen Möglichkeiten. Gleichzeitig empfindet man sie aber als Last. Was dein Leben einfacher machen soll, entpuppt sich als das Gegenteil.
Doppelpunkt: Könnte man den Kampf analog gegen digital auch als Metapher für den Brexit verstehen: Die alte Welt gegen die moderne?
Atkinson: Das ist ein sehr kompliziertes Thema. Ich bin fest entschlossen, mich nicht in Diskussionen über den Brexit verwickeln zu lassen. (Lacht) Das ist ein bei weitem zu giftiges Thema in Großbritannien und vielleicht auch bei Ihnen.
Doppelpunkt: Wenn schon kein Kommentar zum Brexit, dann vielleicht zur Premierministerin im Film: Wie viel Theresa May steckt in der Figur von Emma Thompson?
Atkinson: Das müssen Sie Emma fragen! (Lacht) Ich glaube, es steckt ein bisschen May und ein bisschen Thatcher in unserer Premierministerin. Emma ist ein politischer Mensch, die ihre Ansichten auch gerne öffentlich äußert - ganz im Unterschied zu mir. Ich finde, Emma spielt diese Rolle so überzeugend, dass sie vielleicht selbst einmal für dieses Amt der Premierministerin antreten sollte.
Doppelpunkt: Emma Thompson trägt den offiziellen Titel Dame. Hat die Queen Sie vergessen bei den royalen Ehrungen?
Atkinson: Ich bekam noch nie solche Auszeichnungen. Vielleicht muss ich mich deswegen im Film zum Ritter schlagen lassen. Das passierte schon zweimal. Na gut: Es passierte einmal richtig und bei diesem Film nur fast.
Doppelpunkt: Ganz so unpolitisch wie Sie sagen sind Sie freilich nicht: Vor kurzem haben Sie den einstigen britischen Außenminister Boris Johnson, der abfällige Burka-Witze machte, in einem Leserbrief an die „Times" verteidigt.
Atkinson: Ich möchte klarstellen, dass ich kein Unterstützer von Boris Johnson bin. Ich habe kein Interesse an ihm oder seinen politischen Ambitionen. Aber ich verteidige seit über 15 Jahren das Recht auf Witze über Religionen. Und das soll eben auch für Boris Johnson gelten. Wir leben in schwierigen Zeiten, was die freie Meinung anlangt. Für mich ist freie Meinung bedeutungslos, wenn damit nicht auch das Recht verbunden ist, andere zu beleidigen.
Doppelpunkt: Wird es nochmals ein Comeback geben für Mr. Bean - so wie vor vier Jahren bei den Olympischen Spielen in London?
Atkinson: Das wird besonderen Gelegenheiten vorbehalten bleiben - wenn Leute dich bezahlen, damit du auftrittst. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass ich Mr. Bean nochmals spielen werde. Aber es ist nicht unmöglich.

Dieter Oßwald

Stand: 07.10.2018

Weitere Beiträge in dieser Rubrik

Termine

April / Mai
Mo Di Mi Do Fr Sa So
        26 27 28
29 30 01 02 03 04 05
06 07 08 09 10 11 12
13 14 15 16 17 18 19
20 21 22 23 24 25 26
heute / Vorschau

Video der Woche

Die erfolgreichsten Lieder der schönsten Disney Filme Disney in Concert: Believe in Magic am 11. Mai in der Arena in Nürnberg.

myDoppelpunkt

Bitte beachten sie unsere Datenschutzbestimmungen

Verlosungen