Film
 

„Der perfekte Film für unsere heutige Zeit!“

Andy Serkis

Interview mit Caesar-Darsteller Andy Serkis zu „Planet der Affen: Survival"
Filmstart: 3.8.

Er ist der große Verwandlungskünstler von Hollywood. Andy Serkis mimte das menschliche Vorbild des digitalen Gollum in der „Herr der Ringe"-Trilogie und „Der Hobbit" von Peter Jackson. Auch in dessen „King Kong" diente Serkis als Bewegungsmodell des Reisenaffen. Dann folgte der Coup als Caesar in „Planet der Affen: Prevolution" (2011), „Planet der Affen: Revolution" (2014) und nun im dritten Streich „Planet der Affen: Survival". Ganz ohne digitale Verwandlung trat der Brite in „24 Hour Party People" von Michael Winterbottom auf, spielte einen exzentrischen Choreografen in „Topsy-Turvy" von Mike Leigh oder den Yuppie in „Karriere Girls". Zuletzt war Serkis in „Star Wars: Das Erwachen der Macht" als Oberster Anführer Snoke zu erleben, in dieser Rolle wird er abermals in „Star Wars: The Last Jedi" auftreten. Sein Debüt als Regisseur präsentiert der 53-Jährige demnächst mit der Lovestory „Breathe", gefolgt von „Jungle Book: Origins", einer starbesetzten Adaption des Klassikers von Rudyard Kipling. Mit dem Schauspieler unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Mister Serkis, man könnte meinen, dass Sie einer der ganz wenigen Stars sind, die relativ unbemerkt durch den Alltag spazieren können?
Serkis: Das stimmt. Man sollte meinen, ich hätte die totale Anonymität. Aber die Leute sprechen mich in der U-Bahn an und bitten darum, dass ich mit der Stimme von Gollum etwas für sie sagen solle. Das liegt sicher daran, dass es mittlerweile sehr viele „Making of"-Filme gibt, in denen ich ohne Maske zu sehen bin. Zudem gibt es ja etliche Filme, in denen ich ganz normal auftrete.
Doppelpunkt: Auf welche Figur werden Sie am meisten angesprochen?
Serkis: Mittlerweile gibt es viele Fragen nach Caesar, aber der Gollum bleibt nach wie vor der Spitzenreiter: Gollum ist mein Bild des Dorian Gray - das wird mich vermutlich bis zum Ende meines Lebens verfolgen! (Lacht)
Doppelpunkt: Wie groß ist Ihr Einfluss auf Ihre Figur des Caesar?
Serkis: Unser Regisseur Matt Reeves legt großen Wert auf die Zusammenarbeit. Bei der Entwicklung des Drehbuchs war ich nicht beteiligt, umso mehr jedoch bei der Interpretation meiner Figur und der Gestaltung der Szenen. Da ist Matt immer sehr offen für Vorschläge.
Doppelpunkt: Wo sehen Sie heutige Aktualität dieses Fantasy-Klassikers?
Serkis: Es ist der perfekte Film für unsere heutige Zeit. Es geht um Polarisierung und Isolation. Wie die Fähigkeit für Mitgefühl außer Kraft gesetzt wird. Und darum, seine eigenes Volk wichtiger zu nehmen als alle anderen. Man will keine gemeinsame Lösung für Probleme finden, sondern geht gezielt den Weg des Konfliktes. Die „Planet der Affen"-Filme hatten schon immer einen gesellschaftskritischen Anspruch, schon zu Anfang ging es deutlich um Bürgerrechte. Das ist eine starke Metapher: Affen reflektieren das menschliche Verhalten. Mir imponiert diese Verbindung aus Unterhaltung und gesellschaftlicher Kritik. Es passiert sehr selten, dass ein Blockbuster so etwas zu leisten vermag. Hier dabei zu sein, macht mich ziemlich stolz.
Doppelpunkt: Mit welchen Gefühlen sehen Sie sich in dieser digitalisierten Version auf der Leinwand? Wirkt das bisweilen befremdlich?
Serkis: Nein, ich habe mich längst daran gewöhnt, Kreaturen zu verkörpern und mich in deren Aussehen zu erleben. Hinzu kommt, dass ich den Caesar als Figur sehr liebe, mit ihm fühle ich mich ausgesprochen stark verbunden. Dieses Abenteuer gerät für Caesar zu einer Reise der Selbsterkenntnis - und der potentiellen Selbstzerstörung. Die tragischen Geschehnisse zu Beginn kann er kaum verarbeiten, sein Verlangen nach Rache ist enorm. Bei diesem Film gab es für mich schon einige ziemliche dunkle Orte auszuloten.
Doppelpunkt: Gerät solch eine perfekte Maske nicht zum Handicap für einen Schauspieler?
Serkis: Ganz im Gegenteil. Ich habe mir Dokumentationen über die Dreharbeiten der Original-Filme angeschaut. Die Schauspieler mussten damals extrem viel Make-up auftragen, wodurch es sehr schwierig wurde, den Gesichtern lebendige Züge zu verleihen. Mit unserem ausgefeilten Motion-Capture-Verfahren geht das sehr viel einfacher. Die Kamera kann jede Nuance im Gesicht des Schauspielers genau registrieren. Man benötigt keine übertrieben Gestik oder gar Pantomime, sondern kann Gefühle sehr präzise vermitteln.
Doppelpunkt: Ist das Spiel mit der digitalen Maske leichter als ohne?
Serkis: Schauspiel ist nie einfach, schließlich geht es darum, eine Figur überzeugend darzustellen. Dazu bedarf es Handwerk, Arbeit, Verständnis und Vorbereitung. Es gibt also keinen Unterschied im schauspielerischen Prozess ob ich ganz normal auftrete oder in einer Rolle im Performance Motion-Verfahren. Die besondere Herausforderung lag diesmal in der Sprache, weil Caesar sich diesmal mehr artikuliert. Da muss man die richtige Balance finden, damit aus dem echten Affen, der sprechen kann nicht ein plappernder Mensch im Affenkostüm wird.
Doppelpunkt: Wie hat sich die die Trick-Technologie seit dem letzten Film weiter entwickelt?
Serkis: Die Auflösung der High Definition-Kameras ist viel besser geworden und durch ihr geringeres Gewicht fällt die Handhabung einfacher aus. Die Infrarot-Sender an den Kostümen sind nun unempfindlich gegen Wasser und Stöße. Die ganze Software der Effekte-Firma WETA für die Postproduktion hat sich enorm weiter entwickelt. Doch das änderte nichts daran, dass viele Szenen unter harten Bedingungen entstanden: Es ist kein großes Vergnügen, sich mit sehr dünnen Lycra-Anzüge im Schnee zu bewegen.
Doppelpunkt: Wie viele weitere Fortsetzungen wird es geben?
Serkis: 25! (Lacht) Nein, ich habe keine Ahnung. Wir lassen dieses Mal das Ende offen, es bleibt unklar, wohin die Reise der Affen gehen wird. Von der Story besteht die Möglichkeit, dass man zum Anfang zurückkehrt, wo es tatsächlich diesen Planeten der Affen gibt. Wie lange das dauern wird, wissen wir nicht. Das hängt davon ab, wie groß der Appetit der Zuschauer auf solche Filme sein wird.
Doppelpunkt: Im Unterschied zu anderen Schauspielern haben Sie das große Glück, dass Alter dank Performance-Capture-Verfahren nie ein Problem für Sie werden wird...
Serkis: Stimmt, Altern ist für mich absolut kein Problem! (Lacht) Ich kann im Verlauf der Jahre sogar jünger werden.
Doppelpunkt: Sie geben nicht nur den Affen im digitalen Kostüm, Sie leiten zudem eine Spezialeffekt-Firma, die führend auf diesem Gebiet der Performance-Capture-Verfahren ist. Wie groß ist Ihre Ahnung von Computern und Technologie?
Serkis: Bis zu einem gewissen Punkt sollte man schon wissen, wie die neuesten Entwicklungen aussehen. Ich bin natürlich kein Programmierer und wüsste auch nicht, wie man die Technik genau bedient. Aber ich weiß, wie sich die Technologie verwenden lässt. Wobei jedes Projekt seine ganz eigenen Vorgaben hat. Aktuell bereiten wir eine Adaption von George Orwells „Animal Farm" vor, wofür die Tiere mit Charakterzügen ausgestattet werden. Parallel dazu entsteht „Jungle Book: Origins", mit Benedict Cumberbatch, Cate Blanchett, Christian Bale - und mir, der zugleich auch die Regie übernimmt. Das wird eine sehr viel düsterere Version als jene von Disney.
Doppelpunkt: Erkennen Ihre Kinder den verwandelten Papa eigentlich auf der Leinwand?
Serkis: Meine Kinder sind damit aufgewachsen und waren seit „Herr der Ringe" immer regelmäßig bei den Dreharbeiten mit dabei - die erkennen mich in jeder Verwandlung! Wenn ich im realen Leben bisweilen wütend werde, sehen sie wohl auch ein bisschen den King Kong oder Gollum, der sie ins Bett schickt. (Lacht)
Dieter Oßwald

Stand: 10.07.2017

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