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Sinem

Sinem_Albumcover

Das Anadolu-Postpunk-Trio Sinem aus München um die Sängerin Sinem Arslan Ströbel, unterstützt von Tom Wu am Schlagzeug und zugleich Produzent sowie Martin Tagar an der Döner-Twang-Gitarre, folgt auf ihrem Debüt „Köşk" (Fun in the church/Staatsakt) der Trend und der Rennaissance des türkischen Psychedelik-Rocks. Aufgewachsen auf dem Land in Oberbayern und in ihrem Gymnasium die Einzige mit türkischen Wurzeln, erklärt Sinem: „Alles musste so überdeutsch sein. Man musste deutscher als die Deutschen sein, man musste ordentlich gekleidet sein, gute Schulnoten haben und so was. Und das Türkische kam immer dann, wenn wir einmal im Jahr in die Türkei gereist sind. Da habe ich es dann auch gespürt: okay, da ist eine krasse Sehnsucht oder vielleicht sogar Heimweh." Auf „Köşk" bringt Sinem, was das Innere der Brust, das Herz; die Seele, bedeutet, Anadolu-Rock, Arab-Wave, Pop, Soundmuster aus den 60er und 70er Jahren zusammen. „Dem Dem" von Dichtersänger Aşık Mahzuni Şerif verwandelt „das Nachdenkliche in tanzbar und das Tanzbare in nachdenklich", „Gurbet" von Jazz-Musiker Özdemir Erdoğan erzählt vom Heimweh, von Sezen Aksu stammt "Hadi Bakalim", das knarzig-fett in Szene gesetzt ist, „Sivas'ın Yolları", bekannt von der Protestsängerin Selda Bağcan hat eine zentrale Rolle, denn sowohl Sinems anatolische Familie als auch die meisten der anatolischen Dichtersänger kommen aus Sivas, die vor allem wegen eines pogromartigen Angriffs eines religiös aufgewiegelten Mobs auf ein alevitisches Festival bekannt ist, das Entwurzelung, Trauer und die Sehnsucht nach dem Ende der Unterdrückung mitschwingen. Mit „Yaz Gazeteci Yaz" („Schreib Zeitung, schreib!") von Aşık Mahzuni Şerif, natürlich auch aus Sivas, bringt Sinem den Imperativ des Protestsongs aus den Siebzigern in die Jetztzeit, in der er genau so wichtig ist wie damals. „Akşam" von Duman ist eine treibende 90ies-Rock-Hymne, zum Schluß „Lambaya Püf De" von Barış Manço, aus der männlichen Perspektive geschriebener Text, von Sinem gerade mal umgedreht. Sinem interpretiert klassische türkische Popsongs neu und kreiert eigene Lieder, stellt dadurch eine Verbindung her zu den Erfahrungen der Generation der „Gurbetçiler", und macht sie im Heute erlebbar.

Jürgen Parr

Stand: 17.12.2024

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