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Hatis Noit

Hatis Noit - Aura

Was die japanische Gesangsartistin Hatis Noit auf ihrem Debüt „Aura" (Erased Tapes/Indigo) über acht Kompositionen völlig ohne Instrumente liefert, ist faszinierend, unkategorisierbar und taucht den Zuhörer in eine einzigartige, assoziative Vokal-Abenteuer- Klangwelt, denn fast alle Stücke bestehen allein aus Gesangsaufnahmen, einzig „Inori" enthält die Geräusche des Ozeans in einem Kilometer Entfernung vom havarierten Atomreaktor Fukushima. Alles begann mit einem musikalischen Erweckungsmoment, als Hatis 16 Jahre alt und gerade pilgernd zu Buddhas Geburtsstätte in Neapel unterwegs war. Sie hatte die Nacht in einem Frauentempel verbracht und hörte am nächsten Morgen den Sologesang einer buddhistischen Nonne. Das Jenseitige in diesen Gesängen berührte sie so sehr, dass ihr schlagartig die unvergleichbare Kraft der menschlichen Stimme bewusst wurde, und ab diesem Moment wusste sie, dass das Singen ihre Berufung ist. Der Albumtitel Aura ist vom Werk des Philosophen Walter Benjamin inspiriert, der darin die Essenz der Kunst erkannte, da für ihn die Aura eines Werks unter anderem durch Echtheit und Einmaligkeit geprägt war. So zwang die schwierige Pandemiezeit Hatis dazu, den Blick nach innen zu richten und die Arbeit an ihrem Album wurde zu einem heilsamen Prozess: Sie konnte musikalisch verarbeiten, was in der Welt vor sich ging und konnte sich damit auch an die Freuden und die Fülle des Lebens erinnern. Ihr Künstlername ist aus der japanischen Folklore entliehen und bezeichnet den „Stiel der Lotosblüte". Die Lotosblüte steht für die sichtbare, belebte Realität, während ihre Wurzel für die unsichtbare, spirituelle Welt steht. Der Stiel dazwischen, Hatis Noit, ist somit genau jenes Element, das beide Welten miteinander verbindet. Für die Japanerin steht auch die Musik für das Jenseitige; sie habe das Potenzial, uns zu jener anderen Seite zu befördern, zurück in die Vergangenheit, ins Reich der Erinnerungen, ins Unterbewusste. Zu ihren vielen Inspirationen und Einflüssen zählen Gagaku, die höfisch-klassische Musiktradition Japans, Folk, verschiedenen Operntraditionen, bulgarische und gregorianische Gesänge, auch Pop- und Avantgarde-Sängerinnen wie z.B. Björk oder Inuit-Tanya Tagaq. Das allein von ihrer Stimme getragene Resultat kommt dabei ganz ohne Worte aus: Es sind einzigartige Klangwelten, transzendental anmutende Gesangskompositionen mit epischem Tiefgang. Aufgenommen wurde das Album in Berlin, wo Noit sämtliche Gesangsparts in nur acht Stunden einsang, die Gesangsspuren wurden in einer lokalen Kirche abgespielt, um sie mit natürlichem Hall erneut mitzuschneiden, um so das Live-Gefühl zu verstärken. Magisch-mystisch-außergewöhnlich-einzigartig.

Jürgen Parr

Stand: 23.05.2022

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