„Electricity" (Merge/Cargo) ist das vierte und vielleicht kompromißloseste, krasseste Album der englischen Bank Ibibio Sound Machine, das einem schon im Opener „Protection From Evil" klarmacht, dass wir in einer harten Welt mit vielen Bedrohungen leben. „Es ist düsterer als alles, was wir bisher gemacht haben", sagt Sängerin Eno Williams über das neue Material, „das liegt daran, dass es sich aus den Turbulenzen des letzten Jahres entwickelt hat, es lebt in einer kantigeren Welt". Der krude Mix aus Afrobeat, Soul, Funk Electro-Futurismo, BigBeat, Dub, Tribal & Düster-Pop wurde von Hot Chip produziert, manchmal klingt es HotChipppig und so richtig smart-dance-popig („Almost Flying", „All That Ylou Want", „Wanna See Your face Again") manchmal mehr nach Afro-Tribal-Tradition („Protection From Evil", „Casio", „Afro Ken Doko Mien"). Es ist das erste Album, das ISM mit externen Produzenten aufgenommen haben, seit die Gruppe 2013 von Williams und dem Saxophonisten Max Grunhard in London gegründet wurde. Jonzun Crew, Grace Jones, William Onyeabor, Tom Tom Club, Kae Tempest, Keith LeBlanc, The J.B.'s, Jon Hassells „Fourth World" und Bootsy Collins sind Orientierungspunkte. Williams Texte sind lautmalerisch, ihre Bedeutung wird durch ihre energische Intonation zwischen Englisch und Ibibio definiert, immer angetrieben vom originären harten ISM-Afrobeat. „Electricity" ist eine konsequente Umsetzung von Williams' und Grunhards Gründungsmanifest, den einzigartigen rhythmischen Charakter der Ibibio-Sprache - die Williams, der in Nigeria aufwuchs, sprach - mit einer Reihe traditioneller westafrikanischer Musik und moderneren elektronischen Klängen zu kombinieren. Obwohl Hot Chip ihren typischen Electro-Synthi-Pop-Geschwurbel-Sound einbringen, geht es ihnen nicht darum, neue Technologien zu übernehmen, sondern, dass die Musik in ihren afrikanischen Wurzeln verankert bleibt. Bestes Beispiel ist „Freedom", der von den Wassertrom-mel-Rhythmen der Baka-Frauen in Kamerun inspiriert wurde, und das in dem Mantra „rage, hope, cope, soul" mündet, Leitprinzipien, die sowohl für das ganze Album als auch für die turbulente Welt, die es erwartet, gelten.
Jürgen Parr
Stand: 22.03.2022
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!