Kulturpalast Anwanden

Was passiert, wenn eine mehrfach preisgekrönte Musikkabarettistin wie Nessi Tausendschön aus Köln ihre Freundin, die fulminante sizilianische Sängerin Etta Scollo, zur "Damenwahl" auffordert und einen gemeinsamen Bühnenabend ankündigt? Oder wenn sich die Verjüngungskur der alpinen Volksmusik am Beispiel der wunderbaren Bläser von Federspiel und Biermösl-Blosn-Mastermind Hans Well und seinen talentierten Kindern, die sich "Wellbappn" nennen, wie unter einem Reagenzglas beobachten lässt? Man wird es erleben beim diesjährigen KulturPalast-Festival vom 16. bis 19. Juni auf Gut Wolfgangshof bei Anwanden. Es wird ein höchst buntes Kultur-Camp auf Zeit: Vier Tage lang sind dort Kleinkunst und Theater, Lesungen und Konzerte, Workshops, Führungen und viel bildende Kunst zum Thema "Rausch" zu erleben. Es ist eines "der großartigsten Festivals, die es unter der Sonne gibt", behauptet zumindest Tuba-Größe und LaBrassBanda-Gründer Andreas Hofmeir über die sommerlichen KulturPalast-Tage auf Gut Wolfgangshof in Anwanden, die er mehrfach erlebte. Für einen anderen Stammgast, Stefan Stoppok, ist es eine "Kulturinitiative auf geschmacklich höchster Ebene. Für mich ein Musterbeispiel dafür, wie es laufen kann, wenn Menschen sich ihren Lebensraum selber gestalten und nicht darauf verlassen, was ihnen so vorgesetzt wird. Wenn es das in allen kleineren Kommunen geben würde, hätten die Massenmedien weniger Chancen die Leute zu verblöden." Dabei geht es dem KulturPalast Anwanden ja doch immer in erster Linie um Lust, um Neugier, um Überraschendes, um Kultur als probaten Gesellschaftskitt, um scheuklappenfreies Miteinander, um Begegnungen in Zeiten der Abschottung und Entfremdung. Begegnungen braucht die Welt. "Begegnungen" ist ein zentrales Motiv des diesjährigen Programms. Neben den Doppel-Auftritten von Nessi Tausendschön und Etta Scollo sowie Hans Well & Wellbappn und Federspiel ist der Auftritt der Comedians von Zärtlichkeiten mit Freunden mit den Dietenhofener Konzertkabarettisten von Gankino Circus (und ihrem neuen Programm "Irrsinn und Idyll") das Ergebnis eines ersten Anwandner Rendezvous vor etlichen Jahren. Matthias Matuschik, der als Radiomoderator Matuschke Kultstatus genießt, bringt als Satiriker zwei "Lieblinge" mit: die in Nürnberg lebende Songwriterin Karin Rabhansl und den Berliner Matthias Schrei, der sich selbst Blockflöte Des Todes und sein neues Album "Fifty Shades of Earl Grey" nennt. Und dann gibt es noch eine Nachbarschaftspremiere: Janet M. Christel und ihre Band, die als Schottin in Oberasbach lebt, machen gemeinsame Sache mit dem weltweit tourenden irischen Kollegen Kieran Halpin, den die Liebe in den Zirndorfer Ortsteil Lind verschlagen hat. Auch die Hauskapelle des Volksmusikerneuers Herbert Pixner, D'Housemusi aus Bad Tölz, ist mit groovigen Landlern und fetzigem Stubenrock dabei. Pünktlich zum 400. Todestag von William Shakespeare steuert das Theater Kuckucksheim aus dem Aischgrund – in der Fortsetzung des Erfolgs von "Ka Weiber, ka Gschrei" – "Dem Shakespeare sei Sommernachtstraum" bei. Pünktlich zu 500 Jahre Bayerisches Reinheitsgebot steuern David Saam (Kellerkommando, Kapelle Rohrfrei) und seine Mitmusikanten die flüssige Liederrevue "Bier gewinnt" bei. Dieses Bier-Jubiläum nimmt die Nürnberger Galerie Bernsteinzimmer auch als Anlass für eine "Landpartie": Mit Kunst, Konzerten, Lesungen und Bierverkostungen wenden sich die Bernsteinzimmerleute einem Thema zu, das stellvertretend für Diskussionen und Handwerk, Herkunft und Qualität, auch Lebensqualität steht. Apropos "Rausch". 500 Jahre Reinheitsgebot waren auch Auslöser für das überwölbende Motto des Kunst-Angebots. Über 50 Künstlerinnen und Künstler werden sich dem Kulturphänomen "Rausch" und seinen vielen Abwandlungen – vom Blutrausch über den Farbrausch bis zum Spielrausch – zuwenden. Gutes Essen, Sonnwendfeuer der Freiwilligen Feuerwehr Anwanden-Lind, Chill-out-Zonen und Führungen gehören selbstredend dazu.