Buch
 

Irisches Dorf-Drama

Ein irischer Dorfpolizist

„Ein irischer Dorfpolizist", von Graham Norton, Kindler, 333 S., 19,95 Euro

Sieht man davon ab, dass die letzten „Jack Taylor"-Romane von Ken Bruen nicht auf Deutsch kamen, dann können sich Fans irischer Krimis in letzter Zeit kaum beschweren. Nicht nur, dass nach fast 40 Jahren endlich der irische Klassiker „Bogmail" (Steidl) übersetzt wurde, in dem Patrick McGinley 1978 ein verschrobenes irisches Dörfchen mit allerhand Heimtücke, Mord und Metaphysik bestückte. Dazu kommen die Werke von Adrian McKinty als aktuelle Konstante und allerhand interessante Debüts. Etwa Mark Mulhollands IRA-Seelenstudie „Eine wahnsinnige und wundervolle Welt" (Osburg) oder Jess Kidds fantastische, irre sympathische Mörderjagd in „Der Freund der Toten" (Dumont). Oder eben „Ein irischer Dorfpolizist" von Graham Norton. Den 1963 geborenen Norton kennt man eher als Comedian und Showmaster – wer noch nie die „The Graham Norton Show" gesehen hat, in der sich viele Stars die Ehre geben, dem stehen ein paar sehr, sehr lustige Minuten auf YouTube bevor. Sein Roman über den dicken Polizisten PJ Collins, in dessen Leben Liebe kein Thema ist, kommt daher mit überraschend wenig Humor aus. Bei einem frechen Komiker wie Norton hätte man ein Feuerwerk an schrägen Figuren und Dialogen erwartet, doch das bleibt aus. Ob er sich bei seinem Einstand als Romancier zur Ernsthaftigkeit verpflichtet sah? Immerhin gibt sich Norton alle Mühe, seine traurigen Protagonisten aus dem abgelegenen südirischen Kaff Duneen gut auszuleuchten. Beflissen kümmert er sich um die beschädigten Bewohner, die durch einen Leichenfund an vergangene Verletzungen und Dramen erinnert werden, die sich nach all den Jahren nochmals zuspitzen. Zum Schluss festzuhalten, Norton sei ein besserer Comedian und Moderator als Romancier, träfe die Sache nicht, denn er ist schon ein verdammt guter Komiker. Vielleicht wirkt sein nie zwingender, aber immer solider und eine Weile durchaus spannender Roman deshalb so zahm. Wer Mr. Norton mag, liest letztlich kein schlechtes Buch, das jedoch hinter anderen irischen Debüts landet.


Christian Endres

Stand: 12.09.2017

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