„Illegal", von Max Annas, Rowohlt, 240 S., 19,95 Euro
Seine beiden schmalen, schnellen Südafrika-Krimis „Die Farm" und „Die Mauer" genügten, um Max Annas binnen zwei Jahren zum Liebling der nationalen Krimiszene zu machen. Folgerichtig wurde er Anfang 2017 mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet. Sein neuer Roman „Illegal" spiegelt nicht zuletzt wider, dass Annas nach seiner Zeit in Südafrika inzwischen in heimische Gefilde zurückgekehrt ist und in Berlin lebt. Deshalb siedelt der erfolgreiche Romancier, der früher als Musikexperte, Sachbuchautor, Filmkurator und Journalist tätig war, erstmals einen seiner Krimis in good old Germany an. Mehr noch, seinen dritten Roman macht Annas sogar zu einer brandaktuellen, gesellschaftskritischen Bestandaufnahme der heutigen Hauptstadt, da es um das Reizthema Migration geht. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Kodjo, der seit Jahren illegal in Berlin lebt, weshalb Paranoia ohnehin zum Alltag des Ghanaers gehört. Denn wenn ihn die Polizei oder der Zoll erwischen, gibt es Ärger. Eines Tages wird der Historiker, der in seinem neuen Leben in Deutschland als Küchenhilfe jobbt, eine Freundin mit Zugang zu billigen Mietswohnungen hat und Teil einer wachen afrikanischen Community ist, Zeuge eines Mordes im Nachbarhaus – Hitchcock lässt grüßen. Zur Polizei kann Kodjo logischerweise nicht, und plötzlich mutiert er vom schweigenden Hauptzeugen per Phantombild zum Hauptverdächtigen. Kodjos Suche nach dem wahren Mörder, den er nur undeutlich gesehen hat, gerät zu einer gefährlichen Hatz durch Berlin. Dessen gegenwärtiges Stimmungsbild fängt Max Annas durch die Augen eines Einwanderers vom Schwarzen Kontinent, der u. a. rechtsextremer Gewalt zum Opfer fällt, schonungslos ein. Rein handlungstechnisch wird insgesamt ein bisschen zu oft hin und her gerannt, und in der zweiten Hälfte des bis dahin ziemlich dichten Romans kommen ein paar Perspektiven zu viel hinzu. Perfekt ist „Illegal" also nicht – zeitgemäßer und brisanter könnte ein Krimi aus Deutschland und über Deutschland momentan jedoch kaum sein.
Christian Endres
Stand: 12.04.2017
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