„Heute sind wir Freunde" von Patrycja Spychalski, cbt, 320 S., 14,99 Euro (ab 14 J.)
Der Unterschied zwischen Realität und Fiktion zeigt sich mal wieder recht schnell. Natürlich kann es passieren, dass fünf Schüler aus der elften Klasse eine Klausur nachschreiben müssen. Auch dass dabei ein schweres Unwetter aufzieht, der Lehrer verschwindet, die fünf eingeschlossen werden und auf sich allein gestellt sind. In der Realität allerdings wären es wohl fünf eher normale Jugendliche, die sich nun irgendwie die Zeit vertreiben müssten. Im Roman sind drei der fünf sehr exponierte Charaktere, und man bekommt das Gefühl, die Sache könne eskalieren.
Erstaunlich ist auch, wie schnell sich die Protagonisten öffnen und ihr zuvor lange und sorgsam verborgenes Innerstes zeigen. Was andererseits wieder gut ist, denn so wird für den Leser eine spannende Geschichte daraus. Es geht um Liebe, um Selbstfindung, ums Erwachsenwerden. Spychalskis Roman hat Schmökerqualität. Man will wissen, wie es weitergeht und was sich noch offenbart. Angst, es könne ins Triviale abdriften, muss man bei dieser Autorin nicht haben.
Sehr gelungen sind die mehrdimensionalen Charakterzeichnungen. Selbst der anfangs rein machohaft auftretende Leo bleibt nicht auf diese Rolle reduziert. Und obwohl wir viel erfahren, wissen wir eben doch nicht alles und müssen einige Leerstellen mit unserer Phantasie füllen. Das gilt auch für das Ende: Die Jugendlichen sind einander näher gekommen, trotz Verschiedenheit sind sie Freunde für diese eine Nacht. Aber werden sie es bleiben?
Udo Bartsch
Stand: 17.10.2016
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