„Zurück auf Start" von Petros Markaris, Diogenes 2015, Hardcover, 355 Seiten, 23,99 Euro
Das Referendum in Griechenland in diesem Monat. So hat sich wahrscheinlich ein Gutteil der europäischen Gläubigerstaaten Demokratie nicht vorgestellt. Die Zeit danach: Krisenmanagement, denn sicher ist, für Griechenland bedeutet das Votum ein „Zurück auf Start". Gehe nicht über Los. Ziehe kein Geld ein. Wird schon am Plan einer (damit wiederkehrenden) Parallelwährung gearbeitet?
Der Autor Petros Markaris hat die Drachme bereits im vorangegangenen Roman „Abrechnung" wieder eingeführt, jenem Roman, der 2013 in der Heimat des 1937 in Istanbul geborenen und heute in Athen lebenden Autoren erschienen ist. Markaris ist weit mehr als ein Kriminalschriftsteller. Er hat Brecht und Goethe ins Griechische übertragen und präsentiert sich stets als ein penibler Beobachter der aktuellen Situation im Land.
Wie es sich für einen zünftigen Kriminalroman gehört, beginnt auch die Geschichte von „Zurück auf Start" mit einem Toten, allerdings hat der Deutschgrieche Andreas Makridis Selbstmord begangen, es fehlt allein ein Abschiedsbrief. Statt diesem geht bei der Polizei ein Bekennerschreiben ein, unterzeichnet mit „Die Griechen der fünfziger Jahre"! Was anfänglich nur für Irritationen sorgt konkretisiert sich beim zweiten Toten. Und dieses Mal gibt es keine Zweifel, dass es Mord war. Der Leiter eines privaten Nachhilfeinstitutes wird erschossen – stilecht mit einem alten Armeerevolver.
Der neunte Fall für Kostas Charitos ist kein Mitratefall für den Leser, sondern ein facettenreicher Gesellschaftsroman, dargeboten mit den Mitteln des Krimis. Ein Puzzle gewinnt langsam an Kontur und nebenbei sind es die kleinen – oftmals familiären - Episoden, die besser als jede Fernsehreportage ein Bild vom Griechenland unter EU-Sanktionen geben. Ein aktuellerer literarischer Kommentar ist fast nicht denkbar. Und das auch noch richtig spannend dargeboten.
Rainer Scheer
Stand: 21.07.2015
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