Niemand besetzt das Terrain Entschleunigung, pointierte Pause und konsequente Stille als Teil des Sounds in zeitgemäßer elektronischer Musik neben James Blake besser als der in Chile geborene Musiker, Toningenieur und DJ Nicolas Jaar. Als er 2010 mit gerade mal 20 Jahren sein Debütalbum „Space Is The Only Noise" veröffentlichte, setzte er im Segment komplexer, konzeptioneller elektronischer Musik zwischen, Ambient, House, MinimalTechno, PostWave, Ur-Elektro und den unerwartbaren Twists und Sidekicks neue Maßstäbe. Er erweist sich auf dem sechs Tracks bzw. Songkonstruktionen umfassenden „Sirens" als cooler Zeremonienmeister intuitiver, komplexer und stellenweise dezent südamerikanisch-folklorisierten Tracks, die mit Stilen spielen, Erwartungen überraschen und die volle, 100%ige Konzentration abfordern, sonst besteht akute Verpassungsgefahr. Thematisch geht es auf „Sirens" um die Geschichte Chiles und damit auch seine eigene. „Ya dijimos no pero el sí esta en todo" („Wir haben schon Nein gesagt, aber das Ja ist in allem") prangt auf dem freirubbelbaren Cover. Ein mehr oder weniger kryptischer Hinweis auf das Ende der Diktatur in Chile, die durch eine Ja/Nein-Volksabstimmung eingeleitet wurde. So macht Jaar das Album zum reflektierten Geschichtsunterricht und treibt die ohnehin düster-schwergängige Stimmung auch inhaltlich an.
Jürgen Parr
Stand: 09.11.2016
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!