Spiel
 

Sherlock Holmes meets Cthulhu’s Welten

Eine Studie in Smaragdgrüen

„Wie ich bereits erwähnte, bin ich nicht Schriftsteller von Beruf, und ich zögere, die Szene zu beschreiben, weiß ich doch, dass meine Worte der Realität nicht gerecht werden können. Doch da ich diese Geschichte angefangen habe, fürchte ich, dass ich sie auch zu Ende erzählen muss. In dem kleinen Schlafgemach war ein Mord geschehen. Die Leiche – oder vielmehr was von ihr übrig war – lag noch auf dem Boden. Ich sah sie, doch registrierte ich sie zuerst gar nicht. Was ich stattdessen wahrnahm, war das, was dem Opfer aus Kehle und Brust gespritzt und gequollen war: eine gallengrüne bis grasgrüne Masse. Sie war in den abgewetzten Teppich gedrungen und klebte an der Tapete. Im ersten Augenblick hielt ich es für das abscheuliche Werk eines verrückten Künstlers, der beschlossen hatte, eine Studie in Smaragdgrün zu schaffen."
(zitiert aus der wunderbaren Anthologie: „Schatten über Baker Street", Mörderjagd in Lovecrafts Welten (Bastei Lübbe, leider vergriffen)

Es ist dieser brutale Mord, der den Meisterdetektiv Sherlock Holmes mit seinem Partner Dr. John H. Watson auf den Plan ruft. Doch die aus den Büchern von Sir Arthur Conan Doyle bekannten Figuren ermitteln in einer Welt, deren Geschichte anders verlaufen ist als das, was einschlägige Lehrbücher vermitteln wollen. Denn seit gut 700 Jahren regiert eine fremde Macht! Es ist eine Macht, der auch Watson bereits in Afghanistan begegnet ist. So erzählt es zumindest die Kurzgeschichte „Eine Studie in Smaragdgrün" von Neil Gaiman, in der der erfolgreiche Comic- und Romanautor die Welten Doyles und H.P. Lovecrafts zusammen führt. Spieleautor Martin Wallace hat sie als Kernelement genutzt, um daraus ein faszinierendes Brettspiel zu entwickeln.

Anders als die Kombination zunächst vielleicht erwarten lässt, liefert das Spiel „Eine Studie in Smaragdgrün". keinen Kriminalfall im Sinne einer Ermittlung, die Deduktion verlangt, was Lovecrafts Welt auch auf eine Ausstattungsrolle reduziert hätte. Nein, hier prallen Weltanschauungen aufeinander und die Figuren Doyles haben ihre Rollen und Funktionen, tauchen aber nur als Karten im Spiel auf. Anders als in einigen Spielen, die gleichfalls Schauplätze aus Lovecrafts Erzählungen zitieren, handelt es sich bei „Eine Studie in Smaragdgrün" nicht um ein koalitives Spiel (Einer gegen eine Gruppe). Dieses Spiel gehört in die „Deckbuilder"-Kategorie, d.h. aus einem Stapel eigener Spielkarten wird eine bestimmte Anzahl als Handkarten gezogen. Die erlauben die unterschiedlichsten Aktionen. Jeder Spieler hat einen eigenen Ablagestapel, der später, mit – während der Runden hinzugekommen - neuen Karten, zum erweiterten, eigenen Nachziehstapel wird. Folgerichtig ergeben sich im Verlauf der Partie immer neue, vielfältigere Optionen. Wobei es an denen ohnehin nicht mangelt, denn immerhin dürfen aus stolzen neun möglichen Aktionen zwei für den eigenen Spielzug in jeder Runde gewählt werden. Durch die Konfrontation der Spieler untereinander auf dem Spielbrett ist für Interaktion gesorgt.
Jeder Spieler verfügt über eine geheime Identität, die festlegt, ob er als Restaurationist (die, die die Großen Alten vertreiben wollen) oder als Loyalisten (die, die die bestehenden Machtstrukturen unterstützen) agieren wird.

Eine übersichtliche, gut strukturierte Spielanleitung führt in diese faszinierende Welt ein. Mit viel Gespür für die Vorlagen hat Martin Wallace ein nachhaltig überzeugendes und gekonnt konzipiertes Spiel geschaffen, bei dem auch die graphische Gestaltung viel zur trefflichen Atmosphäre beiträgt. Stimmungsvoll, spannend und abwechslungsreich ist eine Partie, der ausgeklügelte Spielablauf lässt keine Langweile aufkommen. Da reizt jede einzelne Partie.

„Eine Studie in Smaragdgrün" ist für erfahrene Spieler. Die Geschichte von Neil Gaiman ist übrigens noch in seinem Erzählband „Zerbrechliche Dinge" (Klett Cotta) erhältlich.

Rainer Scheer

„Eine Studie in Smaragdgrün"
von Martin Wallace
für 2 bis 5 Spieler ab 14 Jahren
Schwerkraft Verlag - www.schwerkraft-verlag.de

Stand: 16.02.2017

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